Im Jahr 2017 wurden im Bereich der IT in Deutschland 45.000 neue Jobs geschaffen, meldet der Digitalverband Bitkom. Dies sei der historisch stärkste Beschäftigungszuwachs innerhalb eines Jahres. Klingt eigentlich ganz gut.
Bedenklich ist allerdings: Das Plus hätte noch deutlich höher ausfallen können, wenn es mehr IT-Experten gäbe. „2020 sollen etwa 30 Prozent der IT-Jobs unbesetzt bleiben aus Mangel an den geeigneten Fachkräften“, zitiert auch Stéphane Janssoone vom Jobportal Sportyjob, Partner des ISPO Job Market, auf dem ISPO Digitize Summit eine aktuelle Studie.
Die Lücke soll sogar eher wachsen als kleiner werden, heißt es weiter. Für die Unternehmen hat der Mangel erhebliche Konsequenzen: Die allseits geforderte Digitalisierung lässt sich nur in dem Maß umsetzen, wie auch Personal dafür zur Verfügung steht.
Das aktuelle Rekordwachstum bei den IT-Jobs wird zum Stresstest für manchen Personalverantwortlichen. Spezialisten für Software und IT-Anwendungen werden derzeit in allen Branchen händeringend gesucht, die Sportbranche ist da nur eine von vielen, und entsprechend hoch ist die Konkurrenz. Die Digitalisierung ist von strategischer Bedeutung für Unternehmen.
Wichtig sei deshalb, so Janssoone: „Man muss einen Plan haben. Erst wenn man genau weiß, wohin man will, kann man Ausschau halten nach den geeigneten Kandidaten.“ Gesucht werden aktuell Fachkräfte in vielen Bereichen: Digitale Strategie, Digitales Marketing, Digitales Design, Data Scientists, Industrie 4.0-Spezialisten und solche Fachkräfte, die Arbeitsprozesse digitalisieren und effizienter gestalten.
Finanziell ist die Sportbranche eher im Nachteil. „Sportfirmen können oftmals nicht mit den höchsten Gehältern locken“, erklärt Janssoone. „Dennoch verfügt die Branche über wichtige Stärken, die es auszuspielen gilt.“ Für viele junge Menschen spiele die Attraktivität der künftigen Arbeitsbranche eine wichtige Rolle bei der Jobauswahl.
„Junge Menschen wollen Dinge bewegen, suchen einen Sinn, und sie wollen sich zu Hause fühlen“, so Janssoone. „Sportunternehmen müssen eine Antwort haben auf die Frage, was der Welt fehlen würde, wenn es sie nicht gäbe.“ Chemieunternehmen könnten zwar die besseren Gehälter zahlen, emotional sei vielen Jobsuchenden aber die Sportindustrie näher, und das könne Unterschiede im Gehalt durchaus kompensieren, so der Recruiting-Spezialist.
Wichtig sei daher auch, sich als Unternehmen attraktiv und umfassend darzustellen. Websites werden heute oft nur im Hinblick auf den Konsumenten gestaltet, dabei müssen sie auch Jobsuchende davon überzeugen, ein attraktiver Arbeitgeber zu sein. Alle Auftritte eines Unternehmens zahlen letztlich auf seine Attraktivität für neue Mitarbeiter ein: Messebesuche ebenso wie Pressearbeit und letztlich die eigenen Mitarbeiter, die natürlich auch Botschafter des Unternehmens sind.
Je mehr Unternehmen um die gleichen Talente ringen, desto wichtiger wird es, neue Wege im Recruitingprozess einzuschlagen. „Sie müssen dort suchen, wo sich ihre potenziellen Mitarbeiter aufhalten“, so Janssoone. Das kann Snapchat ebenso sein wie ein eSports Event. Wenn IT-ler Computer-Spiele mögen, könnte es z.B. hilfreich sein, ein Bewerbungs-Spiel zu entwickeln, das vorab schon erste Skills abfragt und dem Unternehmen eine Entscheidungshilfe bei der Auswahl gibt.
Dem Bewerber hingegen gefällt vielleicht die originelle Herangehensweise des Unternehmens. Nur darauf zu warten, dass jemand ein Stellenportal oder die eigenen Karriere-Seite besucht und sich aktiv auf eine freie Stelle bewirbt greift zu spät. Die Suche muss proaktiver ablaufen, die ersten Kontakte finden idealerweise schon während des Studiums statt.
„Oft lohnt es sich auch“, so Janssoone, „erstmal im eigenen Unternehmen nach geeigneten Kandidaten zu suchen, die man weiter ausbilden und für neue Positionen aufbauen kann.“ Solche gezielten Mitarbeiter-Trainings sind schon deshalb wichtig, weil die Digitalisierung viele Unternehmensbereiche betrifft, sie also von allen mitgetragen werden muss, soll sie erfolgreich sein.
Früher gaben zuerst Motivationsschreiben und Lebenslauf Auskunft über die Eignung potenzieller Kandidaten. Darauf folgten die Bewerbungsgespräche und dann fiel die Entscheidung. „Da werden weitere Komponenten hinzukommen, und die Interviews werden sich in Zukunft weiter nach hinten verschieben“, sagt Janssoone.
Die professionelle Selbst-Präsentation in sozialen Netzwerken wie Xing und Linkedin spielt eine zunehmend wichtige Rolle im Recruiting, weil hier Unternehmen mit Arbeitnehmern in Kontakt treten können, die gar nicht aktiv auf Stellensuche sind. Video-Interviews oder VR-Assessments ersparen Unternehmen und Kandidaten Zeit und Geld und helfen ebenso bei der Vorauswahl. Persönliche Interviews bleiben der letzte Schritt im Bewerbungsprozess.
Die angespannte Situation am Arbeitsmarkt sollte Unternehmen jedoch davon abhalten Überlegenheit zu demonstrieren. Eine relaxte Atmosphäre zu schaffen die von gegenseitigem Respekt zeugt sei eher hilfreich. Janssoone: „Die IT-Kandidaten haben Power, und sie wissen um ihren Stellenwert.“
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