Das Bild von China als Produzent von Sportartikeln hat sich schon lange gewandelt vom Produzenten- zum Konsumentenmarkt. Herr März, was bewirkt dieser Wandel?
In den letzten Jahren haben sich immer mehr chinesische Marken gegründet. Früher war China ein Produzentenland für westliche Marken. Viele dieser Unternehmen, die ein Top-Know-How bei Produkten haben, bauen jetzt selbst auch chinesische Marken auf. Sie werden damit auf dem chinesischen Markt als Konkurrenz zu den Marken aktiv, für die sie eigentlich produzieren. Die Wettbewerbssituation in China ist sehr stark. Gerade in der Markenbildung, also dem Versuch, der Marke eine Geschichte zu geben, haben chinesische Marken aber noch Nachholbedarf.
Inwiefern?
Konsumenten sehen westliche Marken noch als hochwertiger an. In der Produktqualität sind sie häufig allerdings schon gleichgestellt.
Sind chinesische Marken günstiger?
Auf dem chinesischen Markt ist es größtenteils noch so. Zumindest verglichen mit Marken wie Arc’teryx, Mammut oder The North Face. Aber wie sich die chinesischen Marken dann auf den westlichen Märkten positionieren würden, das ist noch nicht absehbar.
Erste Versuche auf dem europäischen Markt
Welche chinesischen Marken drängen denn auf den europäischen Markt?
Die ganz großen Sportartikler wir Anta, Li-Ning oder 361° versuchen es ja schon länger, mit gemischten Erfolgen. Im Outdoorsegment dient sicherlich Kailas als gutes Beispiel. Kailas kommt ursprünglich aus dem Kletterbereich. Sie sind dann Lizenznehmer für Vaude geworden und vertreiben zudem Meindl in China. Im Bereich Klettern und Outdoor sind sie sehr gut aufgestellt, haben sicherlich auch von dem großen Know-How von Vaude und Meindl profitiert. Inzwischen sind sie eine richtig starke Marke auf dem chinesischen Markt.
Was macht sie aus?
Kailas hat es geschafft auch von chinesischen Konsumenten als werthaltig angesehen zu werden. Sie haben eine Story um die Marke herum gebaut, was übrigens auch für westliche Marken in China sehr wichtig ist. Woher kommt sie, wann wurde sie gegründet, für was steht die Marke. Kailas hat großes Potenzial, international zu expandieren. Der Firmengründer Baggio Zhong hat auf der letzten ISPO BEIJING angekündigt, früher oder später die Marke nach Europa zu bringen, sie würden nur noch auf den richtigen Moment warten.
Vorbild Kailas
Ein Einzelfall?
Kailas ist das Vorbild für viele andere. Es gibt einige weitere starke Marken: Toread ist die größte Outdoor-Marke in China und als einzige auch schon an der Börse. Qualitativ eine Stufe unter Kailas, von der finanziellen Kraft und dem Umsatz aber nochmal eine Stufe drüber und deshalb mit anderen Möglichkeiten. Daher kann eine Expansion zeitnah auch relevant werden. Mobi Garden oder Tittallon sind weitere starke chinesische Marken. Dazu gibt es ganz viele andere, die in China groß sind, aber aufgrund der Wettbewerbshärte zu kämpfen haben. Für die kommt ein Export derzeit noch nicht infrage.
Bietet die ISPO auch chinesischen Marken beim Markteintritt in Europa Hilfe an?
Ja, auf jeden Fall. Wir arbeiten gerade an einen Market Introduction Program für Europa, das sich an amerikanische und asiatische Marken richtet, die in Europa aktiv werden wollen. Das bauen wir genauso auf wie das Einführungsprogramm für China, mit einem Event zur ISPO MUNICH, bei dem Kontakte und Wissen vermittelt werden. Und die ISPO MUNICH erfüllt natürlich schon seit ihrem Start 1970 die Plattform, um Internationalisierung voranzutreiben.
Regierungsfokus auf Bewegung
2022 finden in Peking die olympischen Winterspiele statt. Liegt der Fokus der chinesischen Regierung in den kommenden Jahren deshalb auf dem Wintersport?
Die Regierungsmaßnahmen sind langfristig bis 2025 auf Bewegung im Allgemeinen und damit auf dem gesamten Sport ausgerichtet. Es gibt zwar eine weitere Guideline speziell für die Olympischen Spiele, aber das zuständige Komitee hat erst im November zum ersten Mal getagt.
Was hat sich seit der Vergabe der Olympischen Spiele 2022 getan?
Wir merken eine deutlich stärkere Nachfrage bei der Alpitec, der Messe für Infrastruktur im Wintersport, die parallel zur ISPO BEIJING auf dem gleichen Gelände stattfindet. Das macht Sinn, denn im ersten Schritt müssen die Rahmbedingungen geschaffen werden. Im zweiten Schritt steigt dann der Konsum von Sportprodukten. Außerdem nehmen wir ein hohes Interesse aus Europa wahr. Sowohl aus der Politik, als auch von produzierenden Unternehmen und Marken, die vermehrt unsere Produkte nachfragen.
Das Interview führte Daniel Siebenweiber.
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