Kaum eine Branche ist so global wie die Textilindustrie mit ihren Lieferketten, die nicht selten mehrere Kontinente umspannen. Entsprechend früh waren die Folgen der schweren Covid-19-Ausbrüche im Frühjahr in China und Italien, zwei der wichtigsten Produktionsländer der Branche, bei Textilherstellern weltweit zu spüren.
Eine Umfrage der International Textile Manufacturers Federation (ITMF) kam Anfang April zum Ergebnis, dass zwischenzeitlich 31 Prozent aller Aufträge in der Branche storniert wurden.
Doch wie steht die Textilbranche nun, knapp ein halbes Jahr später da? Welche Veränderungen bringt die Corona-Krise mit sich? ISPO.com hat darüber mit Vertretern der folgenden Textilhersteller gesprochen:
Erste Auswirkungen zeigen sich bei den Stoffen selbst. „Wir legen jetzt mehr Augenmerk auf spezielle Eigenschaften wie Isolierstoffgewebe sowie antibakterielle Funktionalität“ sagte etwa Leith Jin, Market Manager von Sunfeng Textile.
So handhabt es auch Sendyi Textile. „Die Forschung und Entwicklung von neuen Produkten berücksichtigt den Schutz der Gesundheit sowohl antibakteriell als auch antiviral nun deutlich stärker. Das wird die Funktionalität von Textilien zukünftig weiter erhöhen“, so Yanli Waang, Product Development Assistant bei Sendyi Textile.
Doch gerade die Kommunikation der neuen Stoffeigenschaften an potenzielle Kunden oder Partner wird durch die Corona-Krise erschwert: Der internationale Flugverkehr ist stark eingeschränkt. Prozesse, die noch vor Corona funktioniert haben, stehen plötzlich auf dem Prüfstand.
„Die Art, wie wir entwickeln und wie wir diese Entwicklung organisieren, hat sich geändert”, so Dr. Thomas Schmidt, Director of Innovation bei Huafeng: „Weniger Reisen, dafür mehr digitale Kommunikation und Präsentationen von Mustern und innovativen Konzepten. Außerdem sind wir immer auf der Suche nach neuen Produkten und Business-Tools, die diesem neuen, digitalen Zeitalter gerecht werden. Es gibt einen riesigen Bedarf an Visualisierung und digitalem Austausch von Mustern und Prototypen sowie klarer Kommunikation rund um die Welt, ohne sich persönlich zu treffen.“
Ein Trend, in dem die Südwolle Group ihre Strategie der vergangenen Jahre bestätigt sieht: „Vor einigen Jahren haben wir begonnen, uns von der Entwicklung physischer Produkte wie Stoffe hin zu einem kompletten User-Experience-Paket zu entwickeln: Vom Verständnis, warum und wie genau Kunden uns ansprechen über ihre unausgesprochenen Anforderungen bis zum Einbinden des Endkunden in die Produktentwicklung. Die Krise zeigt uns, dass die Entwicklung vom isolierten Produkt hin zum kompletten Service-Angebot der richtige Ansatz für uns war“, so Elisa Pfeiffer aus dem Marketing der Südwolle Group.
Bei allen digitalen Hilfsmitteln war es dennoch nicht zu verhindern, dass sich die zeitweisen Lockdowns letztlich auch in der Lieferkette der Textilbranche bemerkbar machten.
„Das Management der Lieferkette war für jeden angesichts des Spagats zwischen kurzfristigem Business und langfristigen Zahlen sowie sozialer Verantwortung sehr herausfordernd“, erinnert sich etwa Ricardo Silva, Vorstandsmitglied und COO von Tintex Textiles. „Wir mussten Terminpläne und Prognosen ebenso anpassen wie Verträge und Verhandlungen. In Anbetracht der globalen Situation wollen wir weiter an langfristigem Erfolg mit unseren Partnern arbeiten.“
Der italienische Textilhersteller Imbotex sieht vor allem die Verlangsamung der globalen Logistik sowie hohe Inflation als Problem und reagiert darauf mit mehr regionalem Sourcing und lokalen Kooperationen. „Wir pflegen unser lokales Denken und Handeln und suchen Kooperationen und Produktionsmöglichkeiten auf dem jeweiligen Kontinent, für den das Produkt gedacht ist“, so ein Imbotex-Sprecher.
Huafeng profitiert von seinen weltweiten Niederlassungen. „Wir glauben, dass unser Ansatz mit mehr Internationalisierung durch Fabriken und Vertriebsbüros in verschiedenen Ländern der richtige Weg ist“, so Dr. Thomas Schmidt. „Die Situation stärkt die lokalen Unternehmensniederlassungen vor Ort in ihrer Rolle für das Gesamtgeschäft.“
Schmidt hofft, dass angesichts der angespannten Situation zwischen China und dem Westen wieder „ein faktenbasiertes Miteinander erreicht wird, in dem eine Win-Win-Situation herbeigeführt wird“.
Denn derzeit, so Yanli Waang von Sendyi Textile, seien „viele Bestellungen aus dem Ausland on hold oder von geringerer Stückzahl. Angesichts dieser Marktentwicklung treiben wir als Unternehmen unser Inlandsgeschäft aktiv voran.“
Trotz der Unwägbarkeiten durch die Corona-Krise sieht die Textilbranche optimistisch in die Zukunft.
Bei Imbotex ist man sich sicher, dass Qualität und Haltbarkeit der richtige Weg sind: „Die Menschen werden zwar weniger Geld ausgeben, das aber mit mehr Bedacht. Die Erwartungshaltung an Nachhaltigkeit, faire Arbeitsbedingungen und eine verantwortungsvolle Lieferkette werden der Trumpf sein.“ Eine Einschätzung, die Ricardo Silva von Tintex Textiles teilt. Er sieht darin gar den „neuen Standard im Konsumverhalten“.
Und auch Leith Jin von Sunfeng ist sich sicher: „Das wirft uns nicht um. Stattdessen ist es eine Bestandsaufnahme, wie gut gerüstet ein Unternehmen für stürmische Zeiten ist.“
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