Es spricht schon für ein gewisses Maß an Mut, auf der Bühne der ISPO ACADEMY zu stehen und der Branche ihre größten Marketing-Fehler vor Augen zu führen. Genau das tat Marketing-Spezialist Peer Hartog, Creative Director der Markenkommunikations- und Werbeagentur Gerlachhartog, während der ISPO MUNICH 2017.
ISPO.com zeigt die fünf größten Fehler, die Sport-Brands auf dem Weg zum Erfolg vermeiden müssen.
Fehler Nummer 1: Marke ohne Kern
Nichts ist für eine Marke so unverträglich wie die Beliebigkeit – oder anders ausgedrückt: Das Fehlen eines eigenen, unverwechselbaren Kerns. Allzu leicht docken sich Marken an Erfolgskonzepte der Mitbewerber an und laufen damit Gefahr, an Profil zu verlieren oder kein eigenes zu entwickeln.
Beispiele dafür gibt es viele. Aber: „Eine Marke ohne Kern ist wie ein Mensch ohne Seele“, erklärt Peer Hartog: „Es ist ganz essentiell, einen differenzierten Markenkern zu entwickeln.“
Als gutes Beispiel hierfür nennt er Reebok. Seit die US-Brand zur Adidas Gruppe gehört, fokussiert sich Reebok auf Fitness, und das recht erfolgreich. Auch bei The North Face und Under Armour sei unmissverständlich, wofür die Marken stehen.
Under Armour habe es zudem geschafft, sich vom reinen Unterwäsche-Spezialisten für American Football glaubwürdig als Alternative zu Nike und Adidas zu positionieren. „Aber Under Armour hat die Haltung aus der Anfangszeit bewahrt, nämlich Markenwerte wie Willensstärke, Mut und Durchsetzungsfähigkeit, die sich bis heute durchziehen", sagt Peer Hartog.
Diese Botschaft hat gesellschaftliche Relevanz. Sie macht aus Verwendern Fans. Peer Hartog: „Erfolgreiche Marken haben gute Produkte. Sehr erfolgreiche Marken haben eine Haltung.“
Fehler 2: Keine Haltung = kein Charakter
Der zweite Fehler ist dann die Folge aus dem ersten. Wer nicht weiß, wofür er steht, kann auch keine Sympathien gewinnen. „Wichtig ist es, auf Basis des Markenkerns eine Haltung zu formulieren und diese als roten Faden für die Marketing-Kommunikation zu verwenden“, so Hartog.
Adidas sei das mit dem neuen Claim „Be creative“ gut gelungen, während „All in or nothing“, „Impossible is nothing“ und „Adidas is all in“ eher an Trennschärfe vermissen ließen.
Ein gutes Beispiel außerhalb des Sportmarktes sei auch der Kosmetik-Hersteller Dove. Mit der Haltung „Wir glauben an wahre Schönheit“ habe sich die Marke sehr erfolgreich positioniert und eine Steigerung des Firmenwerts von 200 Millionen Dollar in den 1990er Jahren auf 4 Milliarden US-Dollar 2016 erreicht.
Fehler 3: Ein Star wird’s richten!
„Mitnichten sind Stars ein Allheilmittel“, sagt Peer Hartog. Das gelte für Fußball ebenso wie für alle anderen Sportarten. „Es macht zum Beispiel keinen Sinn, einen Star zu sponsern, der noch viele andere Marken vertritt“, erklärt Hartog. Das führe zwangsläufig in die Beliebigkeit und diene eher dem Star als dem Produkt.
„Ist die Marke nicht profiliert, steigt eher der Nimbus des Promis als der Marke“, so der Spezialist. Stattdessen gebe auch hier die inhaltliche Ausrichtung des Markenkerns vor, welche Sportler besser passen.
Beispielsweise Underdogs, die aber die richtige Geschichte mitbringen. So könne Under Armour sehr glaubwürdig mit einer Balletttänzerin werben, weil sie sich bis nach oben gekämpft hat und die Haltung „Kämpfe dich nach vorne“ verkörpert.
Fehler 4: Marketing beginnt am Ende
Oft ist es doch so: Der Produktchef entwickelt eine Produktidee, gibt sie an Designer und Techniker weiter, und ganz am Ende soll das Marketing dafür eine Verkaufsstrategie entwickeln. Macht das Sinn? Für Peer Hartog muss das Marketing viel früher einbezogen werden, nämlich schon bei der Produktentwicklung.
Gerade in Zeiten von Social Media bringe die Vernetzung von Produktentwicklung und Marketing viele neue Möglichkeiten mit sich. Beispiele dafür gibt es viele. So hat die Schweizer Uhrenmarke Omega eine Sonderedition ihrer Luxusuhren erstmals über Instagram angeboten und war innerhalb von vier Stunden ausverkauft.
Auch Nike widmet seinen Spielern Produkte und versucht ihre Eigenschaften und Besonderheiten ins Design mit einfließen zu lassen.
Fehler 5: Marketing = Bowling
Früher gab es die Marketingmaßnahme und die Zielgruppe. Heute hat sich die Anzahl der Kanäle vervielfacht und mit ihr die Anzahl der Zielgruppen. Doch damit nicht genug. Multichannel wird zu Omnichannel.
„Die Vernetzung fehlt“, meint Hartog: „Oftmals sind noch nicht einmal die einfachsten Daten miteinander verknüpft.“ Gerade darin liegt aber der Charme der neuen Kanäle. Für erfolgreiche Omni-Kanal-Strategien ist die intelligente Verknüpfung von Daten unerlässlich.
Die Kunden sollten entlang ihrer gesamten Customer Journey erfasst und verstanden werden, zitiert Hartog eine Roland-Berger-Studie. Marketing ist nicht wie Bowling, sondern wie Flippern.
Es gehe darum, ständig neue Impulse zu setzen, mit dem Konsumenten zu interagieren und die gesamte Customer Journey im Auge zu haben. Print, Social Media, Online, Film, PR und Guerilla müssen orchestriert spielen.
Video: Digitale Herausforderung für die Sportbranche
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