Samstagmorgen, 6 Uhr, auf geht’s auf den Berg. Was früher nur die hartgesottenen Wanderfans aus den Federn lockte, ist heute ein Massenphänomen. Raus in die Natur, rauf auf den Berg, rein ins Abenteuer: Wandern ist der Sport, der gerade alle begeistert. Kein Wunder: Die Pandemie sowie Weltereignisse wie der Ukraine-Krieg beschleunigen den Hiking-Trend. In der Natur findet man nicht nur Abstand zu Menschen, sondern auch Ruhe und innere Zufriedenheit, wenn die Nachrichten und sozialen Medien zu sehr stressen. Für die (Wander-)Schuh-Branche bedeutet das: Nachziehen! Je mehr Menschen Hiking für sich entdecken, desto mehr Innovationen und Transformationen braucht es - in Sachen Schuh, Ausrüstung und Kleidung. Denn anders als der Großvater, der mit Bergschuh und Stock den Berg erklomm, wollen die neuen Wander-Fans perfekt ausgestattet am Gipfel glänzen.
Das neue Wanderbewusstsein freut die Wander-Schuh-Hersteller.
„Bei manchen liegt es am Preis, bei anderen am Thema Nachhaltigkeit: Immer mehr Menschen überlegen sich, ob sie zwei Wochen auf Mallorca fliegen oder lieber die Schönheiten ihrer Region beim Hiking entdecken. Das Wandern hat seinen altmodischen Touch komplett verloren“, sagt Albrecht Volz im Gespräch mit ISPO.com.
Volz ist Country Manager Deutschland beim Bergschuh-Spezialisten Hanwag. Und für seine Schuhbranche ist diese Entwicklung genau wie für die Outdoor-Szene ein Segen. „Man sieht ganze Familien oder viele junge Leute, die mit dem Rucksack beim Wandern unterwegs sind“, sagt Volz. Der neue Hiking-Trend ist ein Segen für Hanwag und Konsorten.
Dazu passt eine Umfrage von Bergzeit: Darin geben 56 % der Befragten an, dass Wandern einen positiven Effekt auf ihre mentale Gesundheit hat. Dabei sind die Zahlen bei der jüngeren Generation (81 Prozent bei den Unter-18-Jährigen) deutlich höher als bei den Älteren (30 Prozent bei den über 65-Jährigen).
Das angestaubte Image des Wanderns ist passe, was aber für den Schuhhandel gerade in Zeiten von Lieferengpässen (die Ukraine ist eine der größten Lohnschuhfertiger der Welt) auch neue Herausforderungen mit sich bringt. Das neue, jüngere Publikum wünscht sich auch andere Angebote.
Modisches Schuhwerk auch beim Wandern ist zum Beispiel ein Thema. Aber auch leichtere Wanderschuhe als bisher üblich für die vielen „First Timer“, die das Thema Hiking gerade neu für sich entdecken. Sogar individuell anpassbare Wanderschuhe – nach dem Vorbild im Skischuh-Bereich – gibt es auf dem Markt.
Generell sind leichte, vom Trailrunning/Laufsport inspirierte Wanderschuhe, häufig in knalligen Farben, sehr gefragt. Um die große Nachfrage von Einsteigern nach leichteren Schuhen fürs Hiking im mittleren Preissegment zu bedienen, bietet Hanwag zum Beispiel erstmals Schuhe mit gespritzten Sohlen an. Bisher wurden beim Bergschuh-Spezialisten aus Bayern alle Modelle in der gezwickten Machart erstellt – damit man die Schuhe wieder neu besohlen kann.
„Es gibt zwei Trends im Bergschuh-Bereich: Zum einen den der leichteren Schuhe, wo sich für uns mit unseren neuen Angeboten ein neuer Markt erschließt. Dann gibt es aber auch den umgekehrten Trend: Auch jüngere Menschen sagen, dass sie lieber ein klassisches, robustes und haltbares Produkt haben wollen. Weil das dann wirklich nachhaltig ist”, sagt Volz.
Nachhaltigkeit ist also auch im Schuh-Bereich ein großer Trend. Die auch auf der OutDoor by ISPO präsente Firma Keen zum Beispiel hat für Sneaker die ersten Schuhsohlen entwickelt, die aus Landwirtschafts-Abfällen und ohne chemische Zusatzstoffe hergestellt werden. La Sportiva hat gerade in der Kletterregion Frankenjura einen neuen Monobrand-Store eröffnet, um noch näher beim Kunden zu sein.
Hanwag setzt beim Thema Nachhaltigkeit vor allem auf das auch in der extra Werbekampagne betonte Firmen-Statement, dass alle Bestandteile seiner Bergschuhe zu 100 Prozent in Europa eingekauft werden. Wo „Made in Europe“ draufsteht, ist also tatsächlich auch ausschließlich „Made in Europe“drin.
Das ist nicht nur in der Schuhbranche keinesfalls immer so. Um sein Produkt mit dem wertvollen Label „Made in Europe“ ausstatten zu können, reicht es nämlich laut Volz schon aus, wenn „45 Prozent der Wertschöpfungskette tatsächlich in Europa stattfinden“.
Bei Schuhen heißt das, dass zum Beispiel der Schaft in Asien hergestellt werden kann und am Ende trotzdem „Made in Europe“ draufsteht. „Das zeigt, dass das Thema Transparenz mehr wert ist als irgendwelche Labels oder das pure Wort Nachhaltigkeit“, so Volz.
Seine Firma legt deshalb alle Produktionsstätten und alle Zulieferer offen: „Und die Endverbraucher werden hoffentlich so viel Druck machen, dass das am Ende überall so ist.“
Ein wichtiges Forum für diese Diskussion in der Schuhbranche soll auch die OutDoor by ISPO vom 12. bis 14. Juni sein. Viele namhafte Schuhfirmen wie LOWA, Aku Italia, Meindl, La Sportiva, Hanwag, Mammut, Keen oder ECCO Germany werden ihre vielseitigen Innovationen endlich wieder face to face präsentieren können. Ob Großvater oder Generation Z: Die neuesten Trends und Innovationen in Sachen Hiking für Wander-Fans gibt’s definitiv auf der OutDoor by ISPO.
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